Weimarer Republik: Entstehung und Überblick

Weimarer Republik: Entstehung und Überblick
Weimarer Republik: Entstehung und Überblick
 
Nachdem am 9. November 1918 in Berlin die Republik ausgerufen worden war, der letzte kaiserliche Reichskanzler, Prinz Max von Baden, die Regierungsgeschäfte an Friedrich Ebert, den Vorsitzenden der Sozialdemokraten, übergeben und die Abdankung des Kaisers verkündet hatte, begann der schwierige Weg des jungen Staatswesens von der Monarchie zu einer modernen Demokratie. Es war zugleich ein Weg aus Krieg und Niederlage auf der Suche nach einem Zustand der Normalität. Die erste provisorische Regierung der Republik, der Rat der Volksbeauftragten, stellte mit der Ausschreibung von Wahlen für eine deutsche Nationalversammlung die Weichen für eine parlamentarische Demokratie und gegen die von den Linkssozialisten geforderte Räterepublik.
 
Bei den Wahlen am 19. Januar 1919, bei denen zum ersten Male auch Frauen wahlberechtigt waren, errangen die Parteien, die schon im bisherigen Reichstag die Mehrheit besessen hatten - Sozialdemokraten, Zentrum und Fortschrittliche Volkspartei, die sich jetzt Deutsche Demokratische Partei (DDP) nannte -, einen überwältigenden Erfolg. Zusammen erhielten sie 78,1 % der Mandate die SPD allein 38,1 %. Demgegenüber kamen die beiden die Republik ablehnenden Rechtsparteien auf 15 %, die Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) nur auf 5,2 % der Mandate. Am 11. Februar 1919 wählte die - wegen der unruhigen Situation in Berlin - in Weimar tagende Nationalversammlung Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten, der zwei Tage später die Regierung der »Weimarer Koalition« aus Sozialdemokraten, Zentrum und DDP ernannte.
 
Im Mai 1919 wurden in Deutschland die harten Bedingungen des Versailler Vertrages bekannt und stießen bei nahezu allen Parteien auf einhellige Ablehnung. Den heftigsten Protest entfachte der Artikel 231, in dem Deutschland (zusammen mit seinen Verbündeten) die alleinige Kriegsschuld zugewiesen wurde. Damit wurde die junge Republik für alle Verluste und Schäden, die den Alliierten im Kriege entstanden waren, verantwortlich gemacht. Die aus diesem Kriegsschuldartikel abgeleiteten Reparationsansprüche der Alliierten stellten eine langjährige, schwere Belastung dar, die das junge Staatswesen in seiner Entwicklung nachhaltig schwächte.
 
Unter dem Druck der Alliierten unterzeichneten am 28. Juni 1919 nach erregten Debatten im Reichstag Vertreter der Regierung den Vertrag. Fortan war die Republik in ihrer Existenz durch die sich auf der linken wie auf der rechten Seite formierenden Gegner des parlamentarischen Systems bedroht. Abgesehen von einer kurzen Konsolidierungsphase zwischen 1924 und 1929 blieb dieser fragile Zustand der Republik ein Charakteristikum der ersten deutschen Demokratie, die dann in den Jahren der Massenarbeitslosigkeit nach der Weltwirtschaftskrise den Nationalsozialisten nichts mehr entgegenzusetzen hatte.

Universal-Lexikon. 2012.

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